M Streifzug durch die DTM-Geschichte

Am 15. Oktober 2010 war für viele BMW M3 Fans endlich die erlösende Nachricht da. BMW kündigte an wieder in die DTM zurückzukehren. Die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft/Masters hatte seit 1992 auf werkseitig eingesetzte BMWs verzichten müssen und für viele war immer ein Gefühl vorhanden, dass da noch etwas fehlt.

Dieses Gefühl erklärt sich relativ einfach. BMW-Motorsport und der BMW M3 haben in der DTM Geschichte geschrieben. Statistisch ist die Geschichte schnell erzählt. Zweimal gewannen BMW Fahrer mit einem BMW M3 E30 den DTM Titel. 1987 war es Eric van de Poele und 1989 war dann der Italiener Roberto Ravaglia. Insgesamt 42 Rennsiege gehen auf das Konto des BMW M3 E30. Viel schöner ist aber das Stöbern in einzelnen Momenten der BMW M3 E30 Geschichte.

DTM 1989 am Nürburgring
DTM 1989 am Nürburgring

Das Dilemma vom Salzburgring

Seine Geschichte fängt in der DTM im Jahr 1987 und zwar mit einer kleinen Nadelspitze. Die Ingenieure der M-GmbH hatten 1986 viel Kraft für die Entwicklung des M3 aufgebracht und im Auftrag von BMW wurde Zakspeed mit zwei Junioren in die DTM geschickt, um die Turbo befeuerten Sierras und Volvo mal ordentlich aufzumischen.

Das erste Rennen der Saison gewann dann nicht ein Zakspeed BMW M3, so wie sich jede Marketingabteilung wünscht, sondern Harald Grohs im privaten Vogelsang BMW M3. Aber bei BMW musste man sich keine Sorgen machen, denn im Laufe der Saison schlug der BMW M3 ein wie eine Bombe und die BMW-Junioren Eric van de Poele und Marc Hessel hatten bis zum Saisonfinale Meisterschaftschancen. Viele deutsche BMW-Fans drückten natürlich dem jungen und sympathischen Marc Hessel die Daumen. Was am Salzburgring geschah ist einer dieser emotionalen Momente in unserem M-Streifzug durch die DTM-Geschichte.

Die Saison 1987 verlief so, dass am Ende der Saison drei junge DTM-Piloten Chancen auf die Meisterschaft hatten, für Ford Manuel Reuter und für BMW Eric van de Poele und Marc Hessel. Alle drei Youngster lagen vor dem Finale auf dem Salzburgring nur je einen Punkt auseinander. Für das Rennen am 23.8.1987 rüsteten Ford und BMW mächtig auf. Die interne BMW-Absprache sah wie folgt aus: Wenn beide BMW-Fahrer ohne Gefahr durch den Ford-Konkurrenten Manuel Reuter Meister werden können, dann kann jeder frei fahren. Sollte Manuel Reuter jedoch weiter im Rennen auf Meisterschaftskurs liegen, dann lässt sich ein Vizetitel von Eric van de Poele in Belgien wesentlich besser vermarkten und Marc Hessel hat sich dem Kollegen zu fügen.

Der Start war für Marc Hessel gelinde gesagt miserabel, doch er konnte sich bis zur Rennmitte bis auf Position drei vorarbeiten und diese halten. Zur Mitte des Rennens hatte Manuel Reuter Reifenprobleme und musste an die Box.

Marc Hessel konnte während dem Rennen nicht selbst erkennen, dass Manuel Reuter an der Box war. Somit wurde auch der spätere Überholvorgang von Manuel Reuter von Marc Hessel falsch gedeutet. Er ging davon aus, dass er vom Ford-Titelaspirant Reuter überrundet werden würde; er selbst keine Chance auf den Meistertitel hätte und er Eric van de Poele helfen müsse. In Wahrheit rundete sich Reuter um eine Runde zurück. Marc Hessel blieb durch seine Boxenmannschaft über den Rennverlauf völlig im Unklaren und in Wahrheit hatte Hessel zu diesem Zeitpunkt beste Meisterschaftschancen. Eric van de Poele kämpfte nun ebenfalls mit Reifenproblemen und nachlassenden Rundenzeiten, als von Zakspeed-Mann Günther Warthofer die Boxentafel gezeigt wurde Marc solle Eric van de Poele vorbei lassen. Hessel hielt sich an die Anweisung und ließ vom dritten auf den neunten Platz zurückfallen, rollte langsam um den Salzburgring und blieb vor der Start- und Ziellinie nahezu stehen. Eric van de Poele wurde noch Zehnter und damit DTM-Meister. Wutentbrannt warf Hessel seine Handschuhe in den BMW M3. Zuerst eilte Rudi Gmeiner zu ihm. Er erkundigte sich, ob er ein Problem gehabt hatte, weil er so langsam war. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde Marc Hessel und seinen Ingenieuren bewusst was geschehen war.

Das Dilemma wurde nie richtig aufgeklärt. Marc Hessel verlor 1987 den DTM-Titel durch eine falsche Boxenanweisung und durch zuviel Gutmütigkeit für seinen Teamkollegen. Erich Zakowski soll Jahre später über Marc Hessel gesagt haben: „Mein schnellster Fahrer, aber viel zu nett. Jeder andere wäre durch gefahren…“

Unverhofft kommt oft

Kurt Thiim hat viele Fans in der Tourenwagenszene, nicht zuletzt durch seinen DTM-Titel auf dem Nickel Rover Vitesse und seiner Zeit als Mercedes –Werksfahrer. Nur die Insider kennen wahrscheinlich einen ganz entscheidenden Punkt in seiner Karriere und der fand im MK-Motorsport BMW M3 statt. Das Jahr 1987 war für Kurt Thiim im Alfa Romeo 75 enttäuschend. Zu Beginn der Saison 1988 hatte er noch kein Cockpit, als er von ITR-Geschäftsführer Hans-Jörg Weick an Michael Krankenberg empfohlen wird. Ohne Tests sitzt Thiim beim Eifelrennen zum ersten Mal im BMW M3 E30 und überrascht die Konkurrenz mit einem Sieg im ersten Lauf und einem dritten Platz im zweiten. Das beeindruckte die Mercedes-Mannen und wenige Wochen später war Kurt Thiim Mercedes-Werksfahrer.

DTM_Nürburgring_1991_10_c_Bernd BarthMassive Attack

Die Jahre 1989 bis 1991 sind die stärksten Jahre für den BMW M3 E30. Sowohl was die Siege anbelangt, als auch die Anzahl der M3 im Starterfeld. Zeitweise stehen bis zu 20 M3 in der Startaufstellung. BMW betrieb zu dieser Zeit einen effektiven Kundensport. Für viele Privatiers war der M3 erste Wahl. BMW Motorsport vergrößerte in diesen Jahren auch seine werkseitig seine Präsenz in der DTM. Mehrere erfahrene Teams, wie Schnitzer, Linder, Zakspeed und Bigazzi bekamen intensive Unterstützung aus München und auf den weißen BMW M3 mit dem bekannten M-Streifendekor sitzen die besten Tourenwagenpiloten dieser Zeit Da wären z.B. zu nennen Roberto Ravaglia, Altfried Heger, Armin Hahne, Joachim Winkelhock, Emmanuelle Pirro, Fabien Girox, Kris Nissen, Dieter Quester, Steve Soper, Jacques Laffite oder Johnny Cecotto.

Quester steht Kopf

Auch die kurioseste Zielankunft der DTM-Geschichte fand in einem BMW M3 E30 statt. Bei vielen DTM-Fans macht es jetzt sicherlich klickt. Klar: Dieter Quester 1990 auf der Avus im Zakspeed BMW M3. In der Zielkurve verliert er die Kontrolle über seinen Wagen, überschlägt sich und rutscht auf dem Dach über die Ziellinie. Die Rennleitung entscheidet sich prompt für den Rennabbruch. Da aber bei einem Rennabbruch die Runde vorher für das Endergebnis herangezogen wird, ist Quester damit Dritter geworden. Einmalig! Nachahmungsversuche gab es bisher nicht. Das Rennen gewann Hans-Joachim Stuck im Audi V8.

In der DTM beginnt zu dieser Zeit das Wettrüsten und BMW und Mercedes müssen sich den Attacken der Audis erwehren. BMW zündete 1990 die nächste Evolutionsstufe. Die neue Evolutionsstufe verhalf dem M3 zu neuer Stärke. Ein 2,5l 4 Zylinder Motor, der bis 355 PS leistete, wurde entwickelt. Mit der hubraumstärksten Version gingen die Ingenieure der BMW M GmbH an die Grenzen des Machbaren. Um die 2,5l voll ausschöpfen zu können, erhöhten sie nicht nur den Hub von 84 auf 87mm, sondern auch die Zylinderbohrung von 94 auf 95,5mm. Damit schrumpfte die Stegbreite auf nur noch 4,5mm. Doch der Erfolg gab den Entwicklern Recht. Die Motoren hielten auch bei maximaler Belastung den Strapazen der beinharten DTM-Rennen stand.

DTM_Zolder_1992_42_c_Bernd BarthHigh Speed

Das sonore Geräusch des S14-Motors ist für viele BMW M3 Fans einmalig. Gerne erinnern sich seine Fans an die Momente, wo man auf den Tribünen im Hockenheimer Motodrom die BMW M3 Meute hören konnte als sie sich noch auf der Waldgerade befanden oder auch an die Nürburgring-Nordschleife mit der langen Döttinger Höhe.

Apropos Nordschleife. Eines der sensationellsten Duelle in der DTM-Geschichte dürfte das von Johnny Cecotto im BMW M3 und Klaus Ludwig im Mercedes Benz 190 Evo II 1992 auf der Nordschleife gewesen sein. Cecotto war im FINA BMW M3 in absoluter Bestform. Er und Ludwig kämpften rundenlang mit dem Messer zwischen den Zähnen um die Führungsposition. Erst ein cleveres Manöver von Klaus Ludwig, bei dem er den Windschatten von Cecotto auf der Dötinger Höhe ausnutzte, verhalf ihm zum Sieg.

Zolder 1992 Archiv Slide35
Zolder 1992 Archiv Slide35

Strecken wie der Norisring oder auch Hockenheim waren immer gute Pflaster für BMW M3 Siege. In Hockenheim ging die DTM-Geschichte des BMW M3 mit zwei Siegen von Roberto Ravaglia vorläufig zu Ende. Dort wurde auch der neue BMW M3 auf Basis des E36 vorgestellt und zu gleicher Zeit lief auch schon der BMW M3 E36 Klasse 1 Prototyp auf der Teststrecke. Nur wenige Wochen später verkündete BMW den Austritt aus der DTM, da der nachträglich eingefügte Paragraph 12 im Reglement es der Sportbehörde erlaubte regulierend einzugreifen. Damit war BMW nicht einverstanden. Unstimmigkeiten gab es auch beim neuen BMW E36, da man ab 1993 mit einem 6 Zylinder Reihenmotor starten wollte und dazu die Spritzwand versetzt werden musste. Die ONS stimmte dem Vorhaben nur widerwillig für ein Jahr zu.

Das alles ist nun 20 Jahre her und die BMW M3 stehen heute nicht mehr in der Startaufstellung der DTM. Den Motorsportfans fehlt das klangvolle Kürzel „M3“, das dem neuen Modell weichen musste. Ist damit die Geschichte des M3 besiegelt? Hoffentlich nicht!

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